Montag, 30. Juni 2014

Bundestag beschließt EEG-Novelle


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Der Deutsche Bundestag hat am 27. Juni die EEG-Reform beschlossen.Hektisch war es wegen Anfang der Woche geworden, weil wegen Bedenken der EU-Kommission noch kurzfristig Änderungen in den Gesetztestext eingearbeitet wurden. Nur zwei Tage Zeit seien geblieben, um die 204 Seiten des am 24. Juni vom Wirtschaftsausschuss gebilligten Textes zu prüfen, beklagte die Opposition. Doch ihr Antrag, die abschließende Debatte über die EEG-Novelle zu vertagen, wurde von den Koalitionsfraktionen abgelehnt. Durch verbindliche Ausbauziele für die einzelnen Technologien, Förderkürzungen, verpflichtende Direktvermarktung und dem Übergang zu Ausschreibungen ab 2017 sollen mit dem neuen EEG die Kosten gesenkt werden. Bundesenergieminister Sigmar Gabriel wie auch Vertreter der Koalitonsfraktionen betonten in der Aussprache dieses Ziel der Reform sowie das Ziel von mehr Marktintegration. „Nach 14 Jahren Markteinführung muss es doch allmählich einen Systemwechsel geben können“, sagte Unionsfraktionsvize Georg Nüßlein. Daran müssten auch die Betreiber älterer Bestandsanlagen ein Interesse haben, weil sie sich fragten, was nach den 20 Jahren EEG-Förderung komme. Allerdings kritisierte auch Nüßlein die Eingriffe beim Biogas als „ziemlich scharf“ und eigentlich unnötig. „Endlich“ gebe es mehr Markt und mehr Wettbewerb, lobte Unionsfraktionsvize Michael Fuchs.

Abbruch und Beerdigung

Koalitions- und Oppositionsvertreter warfen sich gegenseitig Klientelpolitik vor. Die Opposition stimmte gegen das Gesetz. Grüne und Linke hatten es zuvor als Ausbaubremse für die erneuerbaren Energien kritisiert. „Dieses EEG ist eine Abbruchveranstaltung für die erneuerbaren Energien“, so Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer. „Sigmar Gabriel ist die Abbruchbirne der Energiewende“, griff er den Minister an. Es gebe nur einen positiven Punkt im Gesetz, das seien die Regelungen zur Windenergie. Aber die hätten die Länder durchgesetzt, betonte Krischer. Die Linken-Abgeordnete Eva Bulling-Schroeter sagte, die Novelle sei „die Beerdigung des EEG“. Es sei ein „schwarzer Tag für die Bürgerenergie“, die durch die geplanten Ausschreibungen benachteiligt werde. Der Erfolg bei den Ausnahmeregelungen verschaffe der Kohle riesige Ersparnisse bei der EEG-Umlage. Die privilegierten Bestandsanlagen beim Eigenstrom würden zu 90 % fossil befeuert. SPD-Fraktionschef Hubertus Heil unterstrich, mit der EEG-Reform würde Berechenbarkeit, Planungs- und Investitionssicherheit geschaffen. „Wir werden die erneuerbaren Energien bis 2020 auf 40 bis 45 Prozent ausbauen“, betonte er. Auch der CSU-Wirtschaftspolitiker Joachim Pfeiffer ist sicher: „Wir werden die Ausbauziele locker erreichen“ – und vielleicht sogar übertreffen. Bundesenergieminister Gabriel geht davon aus, dass die Bundesländer das Gesetz nicht stoppen werden. „Es wird keinen Vermittlungsausschuss geben“, sagte er am Rande der Plenarsitzung vor Journalisten. Was die Notifizierung durch die EU-Kommission betrifft, so hofft die Bundesregierung, die weiter in Verhandlungen mit Brüssel steht, dass es trotz aktuell weiter Probleme keine Verzögerung geben wird.

Länderkritik in Grenzen, Verbände nicht zufrieden

Erste Reaktionen aus den Bundesländern zur Verabschiedung der EEG-Novelle sind weitgehend zustimmend, doch es werden auch kritische Punkte gesehen. „Mit Blick auf die früher mal versprochenen Kosteneinsparungen für die Verbraucherinnen und Verbraucher etwa entspricht das EEG nicht den Erwartungen“, sagte Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller laut Deutscher Presseagentur. Richtig sei aber, dass die Novelle das alte EEG in einigen für die Energiewende zentralen Punkten den Entwicklungen anpasse. „Zu 80 Prozent bin ich zufrieden – das war anfangs eher umgekehrt“, erklärte Thüringens Wirtschaftsminister Uwe Höhn. Unter anderem ist man in Thüringen darüber froh, dass Kleinanlagen weiter von der EEG-Umlage ausgenommen bleiben. Höhn kritisiert jedoch, dass der Zwang zur Direktvermarktung auch für Betreiber kleinerer Anlagen beibehalten werde. Zudem würden Neuanlagen zur Eigenstromerzeugung, die über der Bagatellgrenze von 10 kW liegen und 40 % Umlage zahlen sollen, nicht im erhofften Maße von der EEG-Umlage befreit. Die rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerin Eveline Lemke macht sich insbesondere Sorgen, ob der Bestandsschutz für existierende Eigenstromanlagen Bestand haben wird: „Zwischenzeitlich waren wir auch erleichtert, dass wir den Vertrauensschutz für bestehende Anlagen offensichtlich erreicht hatten. Das dieser Vertrauensschutz nun aber plötzlich 2016 wieder in Frage gestellt wird, verunsichert alle Unternehmen, die am Standort Deutschland investieren wollen“, so Lemke.

BDEW fürchtet weniger Akzeptanz für Windkraft durch Länderöffnungsklausel

Genauso sehen das Industrie und Energiewirtschaft. „Schlecht für das Investitionsklima“ sei die angekündigte Evaluierung, betont BDEW-Hauptgeschäftsführerin Hildegard Müller. Sie kritisiert insbesondere die ebenfalls vom Bundestag beschlossene Länderöffnungsklausel für Mindestabstände von Onshore-Windenergieanlagen als „fatales Signal“ für die Akzeptanz von neuen Anlagen. „Die Entscheidung erfolgt wider besseres Wissen“, so Müller. Pauschale Mindestabstände der Anlagen zu Häusern und Siedlungen engten die für Neuinstallationen zur Verfügung stehenden Räume „dramatisch“ ein und machten damit die nationalen Ausbauziele unrealistisch. Statt einer Verbesserung der Akzeptanz von Windanlagen rechnet der BDEW im Gegenteil mit einem Anstieg der Auseinandersetzungen angesichts länderspezifischer Sonderregelungen.

VKU rechnet weiter mit Investitionen in Eigenstromanlagen

Der VKU begrüßt den „Paradigmenwechsel“ durch die EEG-Reform mit der Direktvermarktungspflicht, der Mengensteuerung und Ausschreibungen. Verbandshauptgeschäftsführer Hans-Joachim Reck meint, es werde „auch weiterhin ein erheblicher Anreiz zur Eigenstromerzeugung bestehen, gerade in industriellen und gewerblichen Anlagen.“ Durch die Beteiligung mit lediglich 40 % und der Möglichkeit der Kompensation über das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) „dürften zahlreiche systemschädliche Eigenstrommodelle weiterhin wirtschaftlich darstellbar sein“. Energiewirtschaftlich sinnvolle Eigenstrommodelle in der kommunalen Wasserwirtschaft, zum Beispiel die Verstromung von Klärgas, würden jedoch durch die Einbeziehung in die Umlagepflicht massiv behindert. Durch die einheitliche EEG-Umlagepflicht würden in Zukunft „deutlich weniger Projekte in der kommunalen Wasserwirtschaft realisiert werden können“, so Reck. Der Bundesverband Windenergie sieht das Erreichte für die Windkraft durch die angekündigten Ausschreibungen „sofort wieder in Frage gestellt“. Mit der Länderöffnungsklausel drohe zudem der Ausbau der preiswerten Windenergie in einzelnen Bundesländern völlig zum Erliegen zu kommen“, warnt BWE-Präsident Hermann Albers. Mit jeder Weichenstellung zur Energiewende gehe es um nichts anderes als Industriepolitik. „Genau diese vermissen wir heute.“ Deutschland − und auch Europa − fehle eine Strategie, wie die Windenergiebranche im internationalen Wettbewerb mit anderen Marktteilnehmern gestärkt werden kann, moniert Albers. „Union und SPD haben das EEG quasi mit der Dampfwalze durch den Bundestag gejagt. Dennoch ist nicht zu übersehen, dass die Gesamtkonstruktion EEG immer deutlichere Risse bekommt“, heißt es beim BNE angesichts der Bedenken in Brüssel. Die steigenden Energiewendekosten ließen sich durch die geplante Eigenverbrauchsbelastung nicht in den Griff bekommen, betont Geschäftsführer Robert Busch. „Stattdessen erschwert die Regierung damit viele dezentrale Modelle einer modernen Energieversorgung“, die zuvor jahrelang von der Politik mit Milliardenbeträgen gefördert wurden.

Innovationsbremse für neue Geschäftsmodelle durch Eigenstrombelastung

Ähnlich sieht man das beim Ökostromanbieter Lichtblick: „Die heute vom Bundestag verabschiedete EEG-Reform erschwert die Entwicklung eines subventionsfreien Marktes für erneuerbare Energien“, heißt es von dort. Minister Gabriel habe „im Schulterschluss mit der alten Energiewelt um den Branchenverband BDEW eine Innovationsbremse im EEG installiert. Neue Geschäftsmodelle lokaler Stromvermarktung werden mit höheren Abgaben belastet", kritisiert der Vorsitzende der Lichtblick-Geschäftsführung Heiko von Tschischwitz. Der VDMA kritisiert ebenfalls die Belastung des Eigenverbrauchs: „Insbesondere für den Fall der KWK-Anlagen darf die Eigenerzeugung nicht nur als Kostenblock in der Energiewende betrachtet werden. Der positive Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele ist vollkommen aus dem Blickfeld geraten“, so VDMA-Präsident Reinhold Festge. Er lobt aber, insbesondere die Hersteller für Windenergie an Land und auf See könnten mit den neuen Regelungen den wichtigen deutschen Markt auch in den kommenden Jahren als wichtige Exportbasis bestellen. Bei den Wasserkraft- und Bioenergieanlagen werde das geringe Marktvolumen jedoch noch weiter zurückgehen, meint Festge.

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Juni 27, 2014

Angelika Nikionok-Ehrlich

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