So mancher Energiepolitiker hierzulande dürfte sehr zufrieden sein: Jahrelang ging es beim Wettbewerb im heimischen Strom- und Gasmarkt nur schleppend voran. Ganz anders hat sich der ebenfalls von der Politik forcierte Markt für die Direktvermarktung entwickelt: In diesem Segment hat sich in den vergangenen Jahren sehr viel getan. Allein im zurückliegenden Jahr ist das bundesweite Direktvermarktungsportfolio um annähernd 8 000 MW gewachsen, die Gesamtleistung lag Anfang Dezember 2014 bei rund 44 000 MW. Eine gewaltige Zahl: Als die mit der EEG-Reform 2012 eingeführte Direktvermarktung via Marktprämie vor gut drei Jahren loslegte, betrug die Leistung aller aus der EEG-Förderung abgemeldeten grünen Kraftwerke etwa 13 500 MW. Seitdem ist das Gesamtportfolio um mehr als das Dreifache gewachsen.

Umrüstungsfrist für Altanlagen zur Fernsteuerbarkeit endet am 31. März

Die Direktvermarktung ist innerhalb kürzester Zeit erwachsen geworden. Was auch die jüngsten politischen Entwicklungen unterstreichen: Seit der Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, das zum 1. August vergangenen Jahres in Kraft getreten ist, besteht für alle neuen regenerativen Kraftwerke mit einer Leistung ab 500 kW eine Pflicht zur Direktvermarktung.

Auch wenn es etwas paradox klingt, damit enden auch die Zeiten der hohen Wachstumsraten. Künftig können nur die grünen Kraftwerksbetreiber auf einen Direktvermarktungszuschuss hoffen, deren Anlagen per Fernsteuersignal regelbar sind. Für Altanlagen, die sich bereits in der Direktvermarktung befinden, läuft die Umrüstungsfrist Ende März ab. Für das Neugeschäft verbleiben den Direktvermarktern danach nur noch die neu gebauten Ökokraftwerke. Während sich die Leistung bei der Windenergie an Land und auf See allein in diesem Jahr Richtung 6 000 MW bewegt, ist die Photovoltaik auf dem absteigenden Ast, zumal die kleinen Dachanlagen für die Direktvermarkter uninteressant sind.
Den Zubau von Biomasseanlagen, insbesondere im Biogassektor, hat die schwarz-rote Koalition mit der EEG-Reform aus dem vergangenen Jahr fast komplett ausgebremst. All das heißt unter dem Strich zusammengefasst: Der Wettbewerbsdruck wird noch weiter zunehmen.

Die politisch verursachte Baisse besonders bei der Biogasnutzung sieht auch Jan Aengenvoort, Sprecher der Next Kraftwerke GmbH, als „echte Herausforderung“. Das Kölner Unternehmen hat sich nach Energie2Market (e2m) und weit vor Clean Energy Sourcing zum zweitgrößten Biomasse-Direktvermarkter gemausert: „Mittelfristig wird das sicherlich zu einer weiteren Intensivierung im Ringen um die Kunden führen. Daher rücken die noch verbleibenden Biomassepotenziale und die Versorgung von Bestandskunden mit neuen Produkten in den Mittelpunkt.“'

Allerdings sind diese Potenziale eher endlich: Anfang des Jahres war bereits eine Biomasseleistung von über 4 600 MW in der Direktvermarktung, bundesweit dürfte nach einer Abschätzung der Agentur für Erneuerbare Energien der Biomassebestand Ende des vergangenen Jahres zwischen 8 300 und 8 500 MW gelegen haben.

Warten auf die Verordnung für regionale Direktvermarktungsprodukte

Daher heißt das Zauberwort nicht nur bei der Biomasse: Erlösoptimierung. Um Kunden zu halten und neue zu gewinnen, müssen die Direktvermarkter den letzten Tacken an Zusatzeinnahmen herauskitzeln. Was derzeit am besten mit allen Maßnahmen zur Flexibilisierung gelingt, sagt e2M-Geschäftsführer Andreas Keil: „Das bringt derzeit die meisten Zusatzeinnahmen.“

Mit der Direktvermarktung allein dürften angesichts der niedrigen Margen die wenigsten Direktvermarkter über die Runden kommen. Was insbesondere für die kleinen Unternehmen wie in.power aus Mainz gilt. „Wir schnüren Pakete für die Betreiber, um möglichst viele Dienstleistungen aus einer Hand anbieten zu können“, sagt Geschäftsführer Josef Werum, „das gilt für die Nachrüstung, über die Fernsteuerbarkeit, den Messstellenbetrieb bis hin zu regionalen Stromprodukten.“ Deshalb hat er auch keine Angst, als einer der Kleinen im Direktvermarktungsgeschäft unter die Räder zu kommen: „Wir geben nicht auf, wir tragen das „in“ für independent, also unabhängig, im Namen.“

Apropos regionale Stromprodukte: Wie die Ergebnisse der E&M-Umfrage zeigen, sitzen die meisten Direktvermarkter in den Startlöchern, um auf diesem Gebiet tätig zu werden. In allen Unternehmen wird auf die bei der EEG-Reform festgeschriebene Verordnung gewartet, die das A und O der regionalen Direktvermarktung von Ökostrom regeln soll – sozusagen das Grünstromprivileg 2.0. „Wenn die Verordnung kommt, wird das dem Direktvermarktungsgeschäft neue Impulse verleihen“, zeigt sich Clens-Manager Hölder optimistisch.

Wissenswertes zur 3. E&M-Umfrage zur Direktvermarktung von EEG-Strom

Nach der Ökostrom- (Start: 2005) und der Ökogasumfrage (Start 2010) hatte E&M als erste Fachpublikation im Jahr 2013 erstmals eine Befragung gestartet, um für mehr Transparenz beim Direktvermarktungsgeschäft mit EEG-Strom zu sorgen. Das Volumen dieses Marktes ist stetig gewachsen und umfasst mittlerweile rund 45 000 MW (Stand: Anfang Januar 2015). Das Direktvermarktungsgeschäft ist zu einer festen Größe in der Energiewirtschaft sowie im Stromvertrieb und -handel geworden, spätestens seit die letztjährige EEG-Reform die obligatorische Direktvermarktung festgeschrieben hat.
Für diese Umfrage hat E&M insgesamt 154 Unternehmen angeschrieben, die bei den vier Übertragungsnetzbetreibern einen MPM-Bilanzkreis (= Managementprämienmodell) beantragt haben. Von rund 45 Unternehmen hat E&M eine Rückmeldung erhalten, eine Rekordbeteiligung, die den hohen Akzeptanzgrad dieser Erhebung zeigt.

Alle Daten beruhen auf Unternehmensangaben. Daher ist es nicht ausgeschlossen, dass die Größe aller gemeldeten Portfolios die von den Übertragsnetzbetreibern gemeldeten Ist-Werte übersteigt.

Nach Einschätzung der von E&M angesprochenen Branchenkenner hat sich wohl nur ein Unternehmen nicht an der Umfrage beteiligt, das über einen Vermarktungspool von mehr als 1 000 MW verfügt. Auch nicht geantwortet hat eine Reihe von Stadtwerken, die den Strom ihrer eigenen regenerativen Kraftwerke selbst direkt vermarkten oder einen Dienstleister (White Labeling) nutzen. Mittlerweile steigt die Zahl dieser White-Labeling-Anbieter. E&M wird diese Umfrage auf jeden Fall fortsetzen.