Donnerstag, 12. März 2015

Energieunion in der Diskussion

Bild: Fotolia.com, koya979

Bei ihrem Treffen am 5. März haben die Energieminister der EU erstmals über die von der EU-Kommission vorgeschlagene „Energieunion“ beraten. Am heutigen Tag tun es die EU-Umweltminister. Befördert wurde der Vorstoß durch die Ukraine-Krise. Aber ist er auch realistisch? Und wie sollte diese Union aussehen?War zuvor schon öfter die Rede von der Notwendigkeit einer „gemeinsamen EU-Energieaußenpolitik“, so könnte die Schaffung einer „Energieunion“ sehr viel mehr Verbindlichkeit zu einheitlichen Regeln und einer gemeinsamen Positionierung nach außen der Mitgliedsländer bedeuten. Bei einer Fachtagung der Böll-Stiftung zum Thema „Die Rückwirkungen des Ukraine-Krieges auf die europäische Energiepolitik“ äußerten sich kürzlich Experten aus mehreren Ländern zu einer möglichen Energieunion und der Haltung gegenüber Russland.

Kirsten Westphal von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin (SWP) hält die Energieunion zwar für „eine gute Idee“, doch zeigt sie sich „sehr skeptisch“, was deren Umsetzung angeht – angefangen bei der geforderten „Solidarität“ der Mitgliedsländer zur Sicherung der Versorgung. „Die Versorgungssicherheit wird vorwiegend national betrachtet“, kritisiert sie. Dem schließt sich Stefan Bößner, der am Institut Jacques Delors in Paris zu europäischen Energiefragen gearbeitet hat, an.
Er bemängelt, dass die EU-Länder den Energiebinnenmarkt zu wenig beachten und mahnt Kooperation an. „Entscheidungen eines Landes können sich auf die anderen auswirken“, betont der Experte. Für Einigkeit nach außen müsste die EU erstmal ihre eigenen Regeln umsetzen. „Nur wenn der Binnenmarkt realisiert wird, kann die EU eine gemeinsame Position gegenüber ihren Partnern vertreten“, ist Bößner überzeugt. Für die Versorgungssicherheit innerhalb der EU müsse die nötige Infrastruktur mit Leitungen und Konnektoren geschaffen werden, da sind sich alle einig.
Bößner sieht Möglichkeiten zur Kooperation mit der Ukraine vor allem in den Bereichen Erneuerbare Energien, Energieeffizienz (die „ist Stiefkind“) und der Einbeziehung der Verbraucher beim Energiesparen. Westphal meint, man solle die Ukraine nicht mehr primär als Transitland ansehen. Ernest Wyciszkewicz, stellvertretender Direktor des Zentrums für den Polnisch-Russischen Dialog und Verständigung in Warschau warnt vor Vertrauen in Russland zur Sicherung der Gasversorgung: „Russland ist nicht Norwegen“, betont er mit Blick auf die Einhaltung internationalen Rechts. Und verweist hierzu auch darauf, dass Russland die internationale Energiecharta nicht unterzeichnet hat.

„Die russische Aggression hat einen Bruch in den Energiebeziehungen verursacht“, meint der Experte. „Ich sehe aktuell keine Chance, zum Business-as-usual zurückzukehren und keine Chance zu gemeinsamen Projekten mit Rußland.“ Auch Kirsten Westphal sieht das so. Die Konsequenz könne nur sein, so Bößner, dass die EU ihre Energieversorgung zuallererst intern absichert. Was außereuropäische Partner betrifft, so vermisst Westphal, dass „ein Ansatz für die südeuropäischen Länder fehlt“, etwa bei Verbindungen zu Nordafrika.

Keine Beschränkung auf "Gasunion"

Westphal sieht kritisch, dass derzeit eher die Versorgungssicherheit an erster Stelle der politischen Agenda in der EU stehe. Dringend notwendig sei, die Energiewende auch im Wärmebereich und beim Transport zu erreichen. Benedikt Javor, ungarischer Abgeordneter in der Grünen-Fraktion des Europaparlaments, fürchtet denn auch um die Ambitionen der Gemeinschaft bei Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Erneuerbaren. „Europa ist dabei, zu verspielen, was wir erreicht haben“, warnt er. Die „entscheidende Frage“ hinsichtlich der geplanten Infrastruktur-Investitionen der EU ist für Javor, „wohin das Geld geht“. Die Energieunion hat aber aus seiner Sicht durchaus „eine Chance“.
Es dürfe keine Beschränkung auf eine „Einkaufsunion“, vor allem für Gas geben, heißt es aus dem Bundeswirtschaftsministerium und auch Umweltverbände warnen davor: „Die Energieunion darf nicht zu einer Gasunion verkommen“, fordert der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) am 9. März in einer Pressemitteilung. Der Verband kritisiert, dass weiter an einer fossil-basierten Energiepolitik festgehalten werde. Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE),der ein Positionspapier zur Energieunion an die EU-Kommission geschickt hat, nennt es „völlig inakzeptabel“, dass nach den Vorstellungen der Kommission Kernkraft und unkonventionelle fossile Energien gefördert werden sollen. Zentrale Bausteine der europäischen Energiesicherheit müssten Energieeffizienz und der naturverträgliche Ausbau der erneuerbaren Energien sein, betont auch Nabu-Präsident Olaf Tschimpke.

Die slowakische Eustream, größter Transporteur von Erdgas in Kontinentaleuropa, setzt sich für die Umsetzung eines Vier-Länder-Pipeline-Systems namens Eastring ein. Darüber sollen die Slowakei, Ungarn, Rumänien und Bulgarien miteinander verbunden werden. Eastring ist ein Alternativentwurf zu South Stream und Nabucco.Eustream hatte das Projekt erstmals im Herbst 2014 vorgestellt, die slowakische Regierung hat dem Vorhaben mit Beschluss vom 4. März zugestimmt. Das Pipelinesystem soll durch die vier Länder, die Europäische Union und private Kredithäuser oder die Europäische Investitionsbank finanziert werden.

Es geht bei Eastring darum, bereits bestehende Pipelines so zu modernisieren und miteinander zu verquicken, dass darüber jährlich zwischen 20 und 40 Mrd. m3befördert werden können. Die Investitionskosten für die erste Bauphase werden auf 1,1 bis 1,5 Mrd. Euro geschätzt. Je nach Trassenverlauf wäre Eastring zwischen 744 und 1 015 km lang.

Der vorstehende Beitrag zum Thema Energieunion in der Diskussion wurde bereitgestellt von:

Energie & Management

März 09, 2015

Angelika Nikionok-Ehrlich

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