E&M: Herr Rümmler, Eon managt neuerdings ihre fossilen und regenerativen Kraftwerke organisatorisch unter einem Dach. Macht das Sinn?

Rümmler: Eindeutig ja. Als Eon 2007 begann, regenerative Kraftwerke aufzubauen, war das ein Start-up-Geschäft. Dieses Geschäft ist mittlerweile erwachsen geworden. Auch wenn der Ausbau der erneuerbaren Energien weitergeht, sind wir davon überzeugt, dass in den nächsten Dekaden noch fossile Kraftwerke notwendig sind – in welchem Marktsystem auch immer. Dieses neue Marktsystem gilt dann sowohl für die fossilen als auch die regenerativen Energien.

E&M: Ist die Zusammenstellung der Kraftwerkseinheiten als Vorbereitung auf das künftige Marktsystem zu verstehen?

Rümmler: In vielen Märkten, in denen wir unterwegs sind, hat es eine solche Reform schon gegeben oder sie befindet sich aktuell in der Umsetzung. Wir holen eher eine Entwicklung nach. Auch von der technischen Seite ist die Zusammenlegung sinnvoll. Zwischen einem Transformator für einen Offshore-Windpark und einem Transformator für ein Gaskraftwerk gibt es technologisch keine Unterschiede. Das technologische Know-how, das wir in unserer konventionellen Kraftwerkssparte über Jahre gewonnen haben, brauchen wir für die neue, zusammengelegte Einheit. Denn Eon wird in den kommenden Jahren den Wachstumsschwerpunkt auf die erneuerbaren Energien legen, während die Konsolidierungsphase bei den konventionellen Kraftwerken andauern wird.

E&M: Eon hat die Stilllegung von Kraftwerken mit einem Volumen von 11 000 Megawatt bis zum Jahr 2015 angekündigt. Gibt es darüber hinaus schon ein Stilllegungsprogramm 2.0?

Rümmler: Ich wehre mich immer gegen solche Bezeichnungen. Daher auch ein klares Nein auf die Frage, ob es ein Stilllegungsprogramm 2.0 gibt. Vielmehr beobachten wir die Wirtschaftlichkeit unserer Kraftwerke jeden Tag. Wenn ein Kraftwerk über einen mittelfristigen Zeitraum, sagen wir ein bis zwei Jahre, rote Zahlen schreibt, muss es stillgelegt oder eingemottet werden. So werden wir auch weiterhin verfahren.

"Ohne die fossilen Kraftwerke wird es für einen längeren Zeitraum nach meiner Einschätzung nicht gehen"


E&M: Wenn der Eon-Vorstand künftig den Investitionsschwerpunkt auf die erneuerbaren Energien legt, ist er dann nicht gleichzeitig der Totengräber der eigenen konventionellen Kraftwerke?

Rümmler: Nein, das Marktmodell für die konventionellen Kraftwerke hat sich geändert. In der Vergangenheit kam es nur darauf an, so viele Kilowattstunden wie möglich zu erzeugen. Heute müssen wir die Kraftwerke so fahren, dass sie mit der Einspeisung der erneuerbaren Energien korrespondieren. Die Betriebsstunden sinken, deshalb ist es wichtig, dass diese Kraftwerke durch ein geändertes Marktsystem auch künftig Geld verdienen. Denn selbst wenn wir in einigen Jahren bei 50 Prozent erneuerbarer Stromeinspeisung sind, brauchen wir weiterhin eine größere Anzahl Gas- und Kohlekraftwerke. Ohne die fossilen Kraftwerke wird es für einen längeren Zeitraum nach meiner Einschätzung nicht gehen.

E&M: Wieviel Geld plant Eon in den kommenden Jahren in erneuerbare Energien zu investieren?

Rümmler: Eine Gesamtsumme lässt sich derzeit schwer sagen. Absehbar ist aber, dass wir rund die Hälfte des Budgets außerhalb von Europa investieren wollen. Unser Investitionsschwerpunkt in Deutschland ist für die nächste Zeit die Offshore-Windenergie, namentlich das Projekt Amrumbank West, das wohl im nächsten Jahr vollständig in Betrieb gehen wird. Wir haben hierzulande auch mehrere Onshore-Windparks in Entwicklung, Investitionsentscheidungen sind aber noch nicht gefallen.




E&M: Eon hat bereits vor längerer Zeit weitere Projektrechte für Offshore-Windparks in der deutschen Nordsee erworben. Wann werden diese Vorhaben realisiert?

Rümmler: Es gibt für jedes dieser Vorhaben einen Projektplan. Die Umsetzung hängt einzig und allein vor den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ab. Dabei ist auch die Frage entscheidend, ob wir diese Projekte später allein oder mit Partnern betreiben wollen. Eine weitere Option ist der Verkauf. Wir haben uns längst von dem früheren Utility-Modell verabschiedet, Assets nur noch für uns allein umzusetzen. Wir haben viel mehr Projekte in der Entwicklung als wir letztendlich als Eon alleine investieren werden und wollen. Es hängt alles von der Markt- und Nachfragesituation, deshalb gibt es auch keinen festgelegten Zeitplan für weitere Offshore-Windprojekte in Deutschland.

"Der ab 2020 vorgesehene Systemwechsel zu einem Ausschreibungsmodell macht uns Sorgen"


E&M: Haben sich für Eon die Chancen, in Offshore-Windenergieprojekte zu investieren, nach der jüngst beschlossenen Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes verbessert oder verschlechtert?

Rümmler: Wir stehen hinter dem Grundgedanken, dass es zu Kosteneinsparungen beim Ausbau der erneuerbaren Energien kommen muss. Daher können wir auch gut mit den Regelungen für die Offshore-Windenergie leben, da sie dokumentieren, dass diese Technologie eine Lernkurve durchläuft. Was uns Sorgen macht, ist der ab 2020 vorgesehene Systemwechsel zu einem Ausschreibungsmodell. Bei den langen Vorlaufzeiten für einen Offshore-Windpark wäre es gut, so schnell wie möglich zu wissen, mit welchen Einnahmen wir ab 2020 rechnen können. So schafft diese Situation derzeit Unsicherheiten für mögliche Investitionen.

E&M: Eon kündigt in eigenen Publikationen eine Kostenreduktion für Offshore-Windprojekte von 40 Prozent an. Ist dann davon auszugehen, dass im Projekt Amrumbank West die Kilowattstunde für rund zehn Cent produziert werden kann?

Rümmler: Das 40-Prozent-Einsparziel gilt insbesondere für die Projekte, die wir aktuell in der Entwicklung haben. Für Amrumbank West sind alle wesentlich Einkäufe und Verträge vor Jahren schon geschlossen worden. Künftig wollen wir schon die Kilowattstunde auf See für unter zehn Cent erzeugen. Das ist unser erklärtes Ziel.

E&M: Mit welchen Hebeln wollen Sie diese 40 Prozent erreichen?

Rümmler: Diese 40 Prozent lassen sich nur durch eine Vielzahl von Maßnahmen umsetzen, von denen ich einige nennen will. Es ist unverzichtbar, bei der Montage der Windturbinen so viel wie möglich bereits an Land vorzunehmen. Auf See ist alles aufwendiger und kostet viel mehr Zeit. Erhebliche Einsparungen sehen wir bei den Fundamenten, wo sich bereits einige Innovationen ankündigen. Ein anderer Punkt ist der Einsatz leistungsstärkerer Windturbinen, mit denen ein höherer Ertrag möglich ist. Bis die heutige Generation der erprobten work horses abgelöst sein wird, geht noch einige Zeit ins Land. Aber der Wechsel kommt. Es gibt weitere Stellschrauben bei Logistik und Planung für Einsparungen. Das 40-Prozent-Ziel noch in dieser Dekade zu erreichen, halten wir für machbar.


Eckardt Rümmler,
geboren 1960 im westfälischen Lengerich, ist seit Anfang Juni 2013 Vorsitzender der Geschäftsführung von Eon Climate & Renewables (ECR). Der studierte Schiffsbauingenieur begann seine Laufbahn in der Energiewirtschaft 1994 bei dem Eon-Vorgänger PreussenElektra. Vor seinem Wechsel auf den ECR-Chefsessel leitete Rümmler seit 2010 den Bereich Strategy & Corporate Development des Eon-Konzerns.