Freitag, 7. November 2014

Kommentar: Ende einer Hängepartie

Bild: Fotolia.com, Do Ra
Die Gasversorger in Deutschland dürfen aufatmen. Kurz vor Winterbeginn hat sich die Ukraine doch noch bequemt, den seit Ende September weitgehend feststehenden Eckpunkten für eine Wiederaufnahme ihres Gasbezugs aus Russland zuzustimmen. Zum Ende seiner Amtszeit als EU-Energiekommissar kann sich Günther Oettinger noch einen Erfolg als Vermittler ans Revers heften. In mehreren Verhandlungsrunden hat er erreicht, dass Russland die Ukraine zumindest im nächsten Winter wieder mit Gas versorgt, nachdem die Lieferungen seit Juni unterbrochen waren. Die drohende Gefahr, dass sich die Ukrainer im Winter aus Transitlieferungen bedienen, die eigentlich für die EU bestimmt sind, und damit die Gasversorgung in Europa beeinträchtigen, ist damit erst einmal gebannt. Warum sich die Ukraine allerdings bis zur Vertragsunterzeichnung so lange Zeit ließ, bleibt unklar. Seit Oettinger Ende September mit den Energieministern aus Moskau und Kiew in Berlin verhandelt hatte, stand fest, dass die Ukraine bis Jahresende 2,5 Mrd. Euro Altschulden an den russischen Lieferanten Gazprom zu zahlen hat. Auch der Gaspreis von etwa 300 Euro pro 1 000 m3 für künftige Lieferungen war unumstritten. Russland hatte bis zu 5 Mrd. m3 Gas zugesagt. Zuletzt hatte es noch den Anschein, die zahlungsunfähige Ukraine könne aus den bisherigen Krediten des Internationalen Währungsfonds nur die Schulden bezahlen und suche nach weiteren Geldgebern. Doch nach der Einigung auf eine Liefervereinbarung am 30. Oktober hieß es sogar, das Land könne Schuldentilgung und Vorauszahlungen, die es für die bis März bestellten 4 Mrd. m3 Gas an Gazprom zu leisten hat, aus vorhandenen Mitteln bedienen. Oettinger sprach auch von Finanzhilfen der EU für die Ukraine, ließ jedoch offen, wie viel die Europäer die Hilfe für ihren neuen Schützling genau kostet. Erfreulich daran ist, dass damit eine unnötige Hängepartie beendet wurde. Für die Gasversorger in Deutschland bedeutet die vorgesehene Wiederaufnahme der russischen Gaslieferungen an die Ukraine Entspannung. Die Branche hatte zwar in den vergangenen Monaten immer wieder darauf verwiesen, dass die Versorgung im kommenden Winter nicht gefährdet sei, weil volle Speicher sowie diversifizierte Liefermöglichkeiten und Bezugsquellen einen Ausfall der Lieferroute über die Ukraine kompensieren könnten. Dennoch war die Versorgungssicherheit seit dem Sommer ein großes Thema und die Branche war in Sorge, mit der Ukraine-Krise in eine weitere Image-Krise zu schlittern. Diese Gefahr ist indes noch nicht gebannt. Denn die Zweifel an der Sicherheit der Gasversorgung sind mit dem Ukraine-Paket nicht endgültig ausgeräumt. Dazu wäre auch eine Normalisierung der Wirtschaftsbeziehungen zum wichtigsten Gaslieferland Russland erforderlich – und dafür gibt es im Moment keine Anzeichen.

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Energie & Management
Oktober 31, 2014
Peter Focht
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