Dienstag, 16. September 2014

Schlafender Riese Wärmemarkt

Bild: Fotolia.com, Cmon 
Oliver Hill von der Verbundnetz Gas AG (VNG) spricht sich dafür aus, dass die Branche ihren Blick verstärkt auf den Wärmemarkt richten sollte. Denn hier würden hohe Effizienzpotenziale schlummern. Dabei spielen Erdgas und erneuerbare Energien laut dem Direktor für den VNG-Gasverkauf Deutschland bereits heute eine wichtige Rolle und werden dies auf dem Wärmmarkt künftig noch viel mehr tun, sagte Hill auf einem Energiekongress in München am 12. September. Hill plädiert deshalb vor allem für zwei Dinge: Zum einen sollte die Versorgungssicherheit in punkto Erdgas nicht schlechter geredet werden als sie ist. Vor allem im Hinblick auf den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine seien in der Öffentlichkeit auch sehr viele falsche Zahlen im Umlauf. Laut der VNG reichen die weltweiten Erdgas-Reserven – also die gesicherten Mengen, die gefördert werden können – derzeit umgerechnet 65 Jahre und die noch nicht erschlossenen Ressourcen über 175 Jahre. Allein Norwegen habe Reserven von 27 Jahren sowie Erdgas-Ressourcen von 47 Jahren. Hier ist seiner Ansicht nach eine Versachlichung der Debatte dringend angeraten. Zum anderen sollte die gesamte Branche überhaupt ihren Blick mehr auf den Wärmesektor richten. Denn wenn von Energiewende gesprochen werde, sei doch meist der Strommarkt gemeint. „Aufgrund des veralteten Heizungsbestandes ist das Potenzial im Wärmemarkt aber sehr hoch“, sagte Hill. Im deutschen Wärmesektor ist laut Hill ein klarer Trend hin zu Erdgas zu verzeichnen: „Eine starke Wanderung gibt es vor allem von Öl auf Gas.“ Demnach hätten sich bei den Neuinstallationen im Jahr 2013 rund 77 % der Bauherren für Erdgas entschieden. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 686 500 neue Heizungsanlagen in Deutschland eingebaut. Nichts desto trotz seien immer noch viele Heizungsanlagen älter als 20 Jahre. „Effizienzgewinne werden daher in den nächsten Jahren im Keller stattfinden“, sagte Hill. „Denn hier gibt es einen Modernisierungsstau.“

Lernen von der Lobbyarbeit der Dämmindustrie

Die Gründe für diesen Stau seien vielfältig: Zum einen würden viele Menschen heute andere Verbrauchsgewohnheiten haben wie früher. Sie würden eher zum kurzfristigen Konsum neigen und „man investiert lieber in sichtbare Dinge.“ Zum anderen würden die Vorschriften und der teilweise sehr hohe bürokratische Aufwand abschrecken. Hill sprach sich daher auch für mehr Lobbyarbeit aus. „Die Dämmindustrie hat eine sehr gute Lobbyarbeit gemacht“, sagte Hill. Dieser Zweig hätte es geschafft, dass viele bei den Stichworten Sanierung und Heizkosten zuerst einmal an die Dämmung denken und nicht an die ineffiziente Heizungsanlage im Keller. Dies könnte die Energiebranche durch neue Geschäftsmodelle auffangen, zum Beispiel würde die Kombination Erdgas und Solar heute bereits sehr gut funktionieren. Auch der Branchenverband BDEW forderte kürzlich von der Bundesregierung mehr Initiative für eine klimaverträglichere Wärmeversorgung. Der Haushaltsentwurf der Bundesregierung für 2015 sehe vor, dass die Mittel für das Marktanreizprogramm (MAP) für erneuerbare Energien im Wärmemarkt gekürzt werden sollen. Im laufenden Jahr stehen aus dem Bundeshaushalt sowie aus dem Energie- und Klimafonds (EKF) insgesamt 366 Mio. Euro für das MAP zu Verfügung, im nächsten Jahr sollen es nur noch 354 Mio. Euro sein. Die Kürzung sei vollkommen kontraproduktiv, wenn mehr CO2 vermieden werden soll, kritisiert der BDEW.

Energie & Management

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