Sonntag, 19. Oktober 2014

Sagen Sie mal: Andreas Scheidt

 

Bild: Fotolia.com, Tom-Hanisch  

In der Rubrik „Sagen Sie mal“ stellen wir drei kurze Fragen und bitten um drei kurze Antworten zu einem aktuellen Thema.Herr Scheidt, Sie werben mit Ihrer Gewerkschaft Verdi und auch den Branchenverbänden für eine Zukunft auch für konventionelle Kraftwerke. Warum? Die zentrale Frage ist, ob wir die Versorgungssicherheit auch an den Tagen gewährleisten können, wenn Sonne und Wind nicht zur Stromproduktion beitragen. Es ist ganz klar, dass dafür steuerbare Kraftwerke gebraucht werden, die mit Gas oder Kohle laufen. Wichtig ist auch, dass nicht jedes Bundesland seine eigene Energiewende machen kann, sondern dass es ein einheitliches Konzept der Bundesregierung gibt. Derzeit werden Kraftwerke in Nord- und in Süddeutschland grundsätzlich anders reguliert: Im Süden wird die Abschaltung wegen drohender Engpässe untersagt und der Weiterbetrieb unterstützt, in Norddeutschland werden Stilllegungen hingenommen. Das führt dazu, dass besonders umweltfreundliche Kraftwerke, auch in KWK, in Norddeutschland stillgelegt werden. Wir haben keine umweltfreundlichere Technologie in Deutschland, die Städte mit Strom und Wärme versorgen kann. Trotzdem sind derzeit viele Anlagen nicht im Geld. Was sollte man dagegen tun? Wir brauchen einen Kapazitätsmarkt mit Qualitätskriterien. Es geht nicht darum, 50 Jahre alte Steinkohleanlagen weiter am Netz zu halten. Ein Kapazitätsmarkt sollte solche Anlagen unterstützen, die Strom besonders umweltfreundlich erzeugen, beispielsweise Anlagen in Kraft-Wärme-Kopplung. Es geht nicht nur um die Vermeidung von Versorgungsengpässe, sondern wenn ich ein solches Instrument neu einführe, dann soll es auch beim Erreichen der Umweltziele helfen. Das ganze hätte eigentlich schon gestern passieren müssen. Wir haben jetzt schon zwei Jahre durch die Debatte verloren. Jetzt wird es Zeit für Taten. Auch das KWK-Gesetz muss schnell novelliert werden. Denn sonst haben die Kraftwerksbetreiber keine Planungssicherheit. Wir dürfen nicht in eine Situation rutschen, in der es plötzlich an Kraftwerken mangelt und keine Zeit mehr ist für den Aufbau der notwendigen Kapazitäten.

Andreas Scheidt ist seit diesem Jahr Mitglied im Bundesvorstand der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und leitet dort den Fachbereich Ver- und Entsorgung - Foto: Kay Herschelmann
Was halten Sie von der Absage des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer an den Ausbau der Stromleitungen von Nord- nach Süddeutschland? Es gibt gar keine Frage, dass wir den Netzausbau brauchen. Eine Kleinstaaterei bei der Energieversorgung wäre ein sehr teurer Schritt in die Vergangenheit. Das was Bayern macht, ist sehr unsolidarisch. Der Ausbau der erneuerbaren Energien, von dem Bayern bei der Solarenergie und bei der Bioenergie sehr stark profitiert, wird von den bevölkerungsstarken Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen finanziert. Dort stehen viele konventionelle Kraftwerke, die für die Versorgungssicherheit und für die umweltfreundliche Energieerzeugung ebenfalls benötigt werden. Jetzt zu sagen, wir nehmen zwar die EEG-Umlage aus Nordrhein-Westfalen, verweigern aber die notwendigen Leitungskapazitäten für Strom, der übrigens auch in Bayern gebraucht wird, ist unsolidarisch. Eine solche Diskussion können wir uns in Deutschland nicht erlauben.

Der vorstehende Beitrag zu  Andreas Scheidt wurde bereitgestellt von:

Energie & Management

Oktober 16, 2014

Timm Krägenow

Tel: +49 8152 9311-0 Fax: +49 8152 9311-22 info[ @]emvg.de© 2014

E&M GmbH Alle Rechte vorbehalten

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen